Patrick Pohlit
Das Oberste Gericht der RF hat in einem Plenumsbeschluss zur Erfüllung von Verbindlichkeiten durch u.a. Aufrechnung, Novation, Schuldverzicht Stellung genommen. Beim Schulderlass grenzte das Gericht Fallkonstellationen ab, bei denen ein solcher Vorgang aus zivilrechtlicher Sicht keine Schenkung darstellt. Die neue Einordnung kann sich zugunsten von Steuerpflichtigen auswirken und dazu beitragen, erlassene Schulden von der Besteuerung auszunehmen, denn in der Praxis behandeln Steuerbehörden diese in der Regel als steuerbare außerordentliche Erträge.
Das Plenum des Obersten Gerichts der Russischen Föderation hat in seinem Beschluss vom 11.06.2020 N 6 rechtliche Ausführungen zur Erfüllung und zum Erlöschen von Verbindlichkeiten zwischen Schuldner und Gläubiger getätigt, die aus zivilrechtlicher Sicht einige Zweifelsfragen und Auslegungsunsicherheiten klären sollten. Hierbei ging das Gericht unter anderem auf die Auslöse, Aufrechnung, Novation und den Schulderlass ein. Bei Letzterem vertrat es eine Rechtsposition, die dazu beitragen kann, erlassene Schulden von der Besteuerung auszunehmen. Die Steuerbehörden betrachten den Schulderlass grundsätzlich als Schenkung, die das Vermögen des Schuldners mehrt und daher der Ertragsbesteuerung unterliegen muss.
Nach Ansicht des Obersten Gerichts bedeutet ein Schulderlass jedoch nicht automatisch eine Schenkung. Erforderlich ist vielmehr, dass der Erlass mit einer entsprechenden Schenkungsabsicht erfolgt. Das Fehlen einer solchen Absicht kann sich insbesondere aus dem Konnex zwischen dem Schulderlass und der Gewährung einer anderen vermögensrechtlichen Leistung (z.B. Zahlungsaufschub aufgrund einer anderen Verpflichtung) oder dem Erreichen eines anderen wirtschaftlichen Zwecks ergeben, der nicht unmittelbar mit dem Schuldenerlass zusammenhängt. In dieser Hinsicht wird der Schulderlass zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner vom Gericht nur dann als Geschenk qualifiziert, wenn die Absicht des Gläubigers, den Schuldner von der Verpflichtung zur Begleichung der Schuld schenkungsweise zu befreien, nachgewiesen wird.
Diese zivilrechtliche Auslegung bietet einen Ansatz dafür, dass ein Schulderlass unter Nachweis eines wirtschaftlichen Zwecks oder eines fehlenden wirtschaftlichen Nutzens auf Seiten des Schuldners ohne entsprechende Schenkungsabsicht nicht zu einem steuerbaren außerordentlichen Ertrag bei Letzterem führt.
Ergänzend wäre zu erwähnen, dass die Bestimmungen der geltenden Zivilgesetzgebung der RF das Verbot von Schenkungen zwischen kommerziellen Organisationen vorsehen.
Darüber hinaus wäre darauf hinzuweisen, dass nach der geltenden russischen Rechtspraxis der Schulderlass in der Regel zur Entstehung von außerordentlichen Erträgen beim Schuldner führt und damit der Einkommensteuer bzw. Gewinnsteuer unterliegt. Ausgenommen hiervon ist der Schulderlass zwischen verbundenen Personen mit einer Beteilung von mehr als 50%.
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